Pontiac Firebird Trans Am 6.6 im Fahrbericht: V8 mit Mörder-Sound und Targa-Dach (2024)

"Das Ding bleibt doch wohl nicht wirklich in unserer Einfahrt stehen, oder?" Okay, vielleicht hätte ich meine Frau vorher in die Probefahrt-Pläne einweihen sollen, aber ich gehe besser sofort raus zu dem goldfarbenen "Ding", das so brünftig vor unserem Haus parkt und obendrein einen aufgeplusterten Adler auf der riesigen Haube trägt. Nein, Understatement ist nicht wirklich die Parade-Disziplin eines Pontiac Trans Am. Aber genauso gefällt er mir nun einmal.

Reynolds vierrädriger V8-Helfer

Immerhin kommt das Auto beim Nachwuchs an. Meine zehnjährige Tochter Lea findet den Haubenvogel drollig, und mein zwölfjähriger Sohn Luca beschließt nach einer Sitzprobe, dass ich ihn damit morgen von der Schule abholen soll. Na also, mit acht Zylindern und 6,6 Litern Hubraum gilt man bei den Kids plötzlich wieder als cool. Vielleicht der richtige Moment für eine kurze Vater-Sohn-Auszeit. Gemeinsam in einem fetten US-Coupé um die Häuser cruisen – es ist immer gut, bei schwierigen Entscheidungen Verbündete zu haben.

Am Abend ziehen Luca und ich uns – sozusagen als mentale Vorbereitung für unsere Ausfahrt – ein paar Szenen aus "Ein ausgekochtes Schlitzohr" von 1977 rein. Burt Reynolds als "Bandit", der in einem schwarzen Pontiac Trans Am hockt und mit seinen Manövern die Polizei von einem Truck voller Schmuggelbier ablenkt. Dabei dreht sich alles um eine Wette und natürlich auch um eine Frau, womit der Inhalt schon recht ausführlich beschrieben wäre.

Der Rest besteht eigentlich nur aus einer Aneinanderreihung von Verfolgungsjagden, bei denen auf dem Highway so ziemlich alles zu Bruch geht, was im Weg herumsteht (meist Polizeiautos). Ganz nett, meint Luca. Aber was soll man auch anderes sagen, wenn man ein Fan von Paul Walker und dessen Verfolgungsfahrten aus "Fast & Furious" ist, gegen die die Action-Szenen von Burt "Bandit" Reynolds so brav wie der Sandmännchen-Vorspann wirken? Ein Pontiac Trans Am sei aber trotzdem ziemlich cool.

So mussten dann wohl auch viele Amerikaner über dieses Coupé gedacht haben, als sie es im ersten Bandit-Streifen (im Original: "Smokey and the Bandit") sahen – sie sorgten dafür, dass sich nach dem Film die Verkaufszahlen des Modells mehr als verdoppelten. Schwer vorstellbar, dass GM die Firebird-Baureihe kurz vorher fast eingestellt hatte, weil sich die zweite, 1970 eingeführte Generation mit dem Trans Am als Spitzenmodell bis gegen Mitte der 70er-Jahre immer schlechter verkaufte.

Optische Retuschen wie eine größere Panorama-Heckscheibe oder zusätzliche Scheinwerfer im Frontgrill konnten den Absatz ab 1975 zwar leicht stabilisieren. Doch erst das schnauzbärtige Dauergrinsen von Burt Reynolds, der seine Rolle als 70er-Jahre-Sexsymbol ganz offensichtlich noch immer glänzend beherrschte, half dem Firebird wieder auf die Beine. Und natürlich das schicke Südstaaten-Outlaw-Image, das dem Trans Am von nun an anhaftete.

Pontiac Trans Am Firebrid 6.6 mit 220PS

Nächster Tag. Punkt 15.30 Uhr vor der Schule meines Sohnes. "Fett", "krass" oder "cool" lauten die Komplimente für den goldfarbenen US-Boliden mit den beiden geöffneten Dachluken. Lucas Klassenkameraden haben sofort einen engen Kreis um den Trans Am gebildet, wollen Leistung und Geschwindigkeit wissen, auch wenn die Daten vergleichsweise enttäuschend sind.

Rund 220PS (aus 6,6 Litern Hubraum!) und knapp über 200km/h, damit lockt man heute niemand mehr in den Showroom, schon gar nicht Kids, deren Eltern mit einem Porsche Cayenne oder Audi RS6 vor der Schule warten. Allerdings scheint ein Auto mit einer Lufthutze in der Haube und einem großen Spoiler am Heck noch immer spannender als Fahrzeuge mit Abstandswarner oder Spurassistent.

Abfahrt. Schon mächtig, wie dieser V8 klingt. Bereits im Leerlauf grollt und schüttelt sich der 6,6-Liter-Stahlbrocken wie ein Viech aus der Urzeit. Wählhebel auf D, den rechten Fuß vorsichtig aufs Gas, und schon bollert der Pontiac wie ein Rodeo-Bulle los. 6,6 Liter Hubraum sind akustisch einfach eine Ansage.

Pontiac Trans Am Firebird als Paradebeispiel des US-Cruisers

Über Stuttgarts zentrale Meile gleiten wir mit einer Drehzahl knapp über Standgas durch den wuseligen Berufsverkehr. Sämtliche Blicke kleben an diesem Auto, einige Passanten nicken begeistert, recken den Daumen nach oben. Womöglich erwarten viele einen Ampelsprint mit qualmenden Reifen. Doch dazu kommt es nicht, im Gegenteil: Die Hektik des Alltags – sie prallt an diesem 1.750 Kilo schweren Dickschiff ab wie Fliegen an der Windschutzscheibe. Luca fällt auf, dass die Skala im Tacho nur bis 100 Meilen beziehungsweise 160km/h reicht. Wie kann das Auto dann 200 Sachen laufen? Gute Frage.

Wir schlagen Kurs Süd ein, gleich darauf zwirbelt sich der Weg bergauf aus der Stadt hinaus. Die ersten Windungen pariert das Starrachsen-Coupé besser als erwartet – obwohl es aus einer Welt kommt, in der die Existenz von Kurven lange Zeit geleugnet wurde. Vermutlich verfügen die Sitze deshalb auch über keinen Seitenhalt.

Nun aber die letzte Ampel, und dann eine Schnellstraße. Luca und ich wollen es endgültig wissen. Kick-down bei Grün. Der Goldvogel richtet sich für einen kurzen Moment auf, sprintet einen Wimpernschlag später mächtig wütend auf und davon. Gefühlte drei Sekunden bis Tempo 100, was an dieser imposanten Schalldruckwelle liegen muss, mit der das Auto seine Umgebung nachhaltig beeindruckt. Wahrscheinlich sind es eher zehn Sekunden.

Bei Tempo 130 lassen wir es dann gut sein. Weil wir spüren, dass so ein Trans Am trotz seiner verwegenen Optik viel mehr Cruiser als Sportwagen ist. Sein Revier bleibt der breite, tempolimitierte US-Highway. Man kann es ihm nicht einmal vorwerfen – er kennt nichts anderes.

Übrigens ist der Firebird gar nicht so teuer, wie es meine Lobes-Tiraden vermuten lassen. Gepflegte Modelle aus den späten 60ern und mit über 300PS gibt es schon zwischen 25.000 und 30.000 Euro. Fahrzeuge mit mäßiger Pflege stehen mit maximal 15.000 Euro im Netz. Natürlich sind beim Firebord Trans Am die Anschaffungskosten nur die Spitze des Eisberges. Amerikanische Achtzylinder aus den 60er- und 70er-Jahren sind ja nicht gerade dafür bekannt, besonders sparsam zu sein.

Kurzer Stopp in der Motorworld in Böblingen. Zwei Burger mit Pommes, dann rasch rüber zum Harley-Dealer, wo gerade eine goldfarbene Electra Glide einparkt. Natürlich können wir mit dem Trans Am bei Harley-Fan Michael Gaedt, urschwäbischer Frontmann der Comedy-Combo "Die kleine Tierschau", mächtig punkten. "Damit jetzt einmal quer durch die USA, das wär's doch, oder?" Luca nickt. Die Idee klingt auf jeden Fall verlockender als zurück in die Stadt. Aber vielleicht sollte ich zuvor daheim noch mal in Ruhe mit meiner Frau über das "Ding" reden.

Technische Daten

Pontiac Firebird Trans Am
Außenmaße4998 x 1854 x 1259 mm
Hubraum / Motor6558 cm³ / 8-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit201 km/h

Alle technischen Daten anzeigen

zur Startseite

Pontiac Firebird Trans Am 6.6 im Fahrbericht: V8 mit Mörder-Sound und Targa-Dach (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Jamar Nader

Last Updated:

Views: 5455

Rating: 4.4 / 5 (75 voted)

Reviews: 82% of readers found this page helpful

Author information

Name: Jamar Nader

Birthday: 1995-02-28

Address: Apt. 536 6162 Reichel Greens, Port Zackaryside, CT 22682-9804

Phone: +9958384818317

Job: IT Representative

Hobby: Scrapbooking, Hiking, Hunting, Kite flying, Blacksmithing, Video gaming, Foraging

Introduction: My name is Jamar Nader, I am a fine, shiny, colorful, bright, nice, perfect, curious person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.